Schliebens Kirche bleibt jetzt im Dorf

Die Fußballer vom TSV haben einst viel Geld in die Hand genommen, um Brandenburg zu erobern. Heute sorgt der Verein wieder mit Jungs aus der Umgebung für Furore. Am Samstag kommt es zum Landesklassen-Topspiel.

Robert Dehne hat gute Erinnerungen an den SC Spremberg. Das letzte Aufeinandertreffen im Mai, das mit 5:3 gewonnen wurde, entschied Schliebens Mittelfeldmann mit drei Treffern im Alleingang. Dehne: „Das waren wichtige Tore für die Mannschaft, weil wir in der Tabelle vor Spremberg landeten und am Ende Vizemeister wurden. Es waren aber auch wichtige Tore für mich, weil ich dadurch Torschützenkönig wurde.“ Überhaupt trat er in vier von sechs Duellen mit dem SCS als Torschütze in Erscheinung. Hat der 25-Jährige da etwa einen Lieblingsgegner gefunden? Im Gegenteil, meint Dehne. „Spremberg ist eigentlich sehr unbequem, weil sie auch richtig gut spielen. Sie werden uns auch diesmal fordern.“

„Diesmal“ bedeutet am Samstag (13 Uhr), wenn der TSV Spitzenreiter Spremberg als Tabellenzweiter zum letzten Tanz des Kalenderjahres bittet. Die Gäste aus dem Spree-Neiße-Kreis haben zwar einen Punkt mehr auf dem Konto, obwohl sie erst zwei Partien weniger bestreiten konnten. Dennoch dürfen sich die Schwarz-Gelben berechtigte Hoffnungen auf einen positiven Ausgang machen. Denn mal abgesehen vom SV Döbern gibt es in der Landesklasse keine Mannschaft, die derzeit so viele Sportplätze plündert wie der TSV. Seit sechs Spielen sind die Schliebener ohne Punktverlust.

Trainer Mike Urban wirkt allerdings nicht so, als wolle er sich von zu viel Euphorie anstecken lassen. „Natürlich ist das ein besonderes Spiel, wenn der Erste auf den Zweiten trifft“, sagt er. „Aber unsere Ziele haben sich nicht verändert.“ Und die geben lediglich vor, den Verein, der 2014 in die Landesklasse aufgestiegen ist, kontinuierlich in der Liga zu etablieren. Diesbezüglich hat der TSV mit zwei 5. Plätzen und der Vizemeisterschaft im Vorjahr zwar fast überperformt. Dennoch bleibt Urban demütig. „Wir wollen den Zuschauern im letzten Spiel einfach ein schönes Spiel bieten.“

Aus Schlieben hat man auch schon mal großspurigere Töne vernommen. Um die 2000er Jahre herum ließ sich der Verein aus dem 5000-Einwohner-Amt den Vormarsch in die höchste Brandenburger Spielklasse noch einiges kosten, indem er Spieler von außerhalb für viel Geld zur Steigemühle lockte. Mike Urban erlebte die aufregenden Verbandsliga-Zeiten als Spieler mit und spricht auch mit Freude über damalige Schlachten. Er scheint im gleichen Augenblick aber auch froh zu sein, dass die Zeiten des Geldes, die auch den freien Fall in die Kreisliga vorbereiteten, vorbei sind. „Wir lassen die Kirche im Dorf und sind wieder ganz bodenständig“, sagt Urban und verweist darauf, dass es keinen Spieler in seiner Kabine gäbe, der keine Vergangenheit in Schlieben hat. „Das soll unser Weg sein.“

Und wie der TSV Schlieben beweist, lässt sich auch mit einheimischen Jungs erfolgreicher Fußball spielen. Urban: „Ich bin stolz darauf, was die Jungs Woche für Woche abliefern.“ An der Seite von gestandenen Größen wie Kapitän Roberto Priebe nehmen auch blutjunge Teenager, die aus der vereinseigenen A-Jugend kommen, eine tolle Entwicklung. Spieler wie Jannis von Veh (19), Jonas Wolfsteller (18) oder Maurice Donath (18), der es in seinen ersten elf Partien im Männerbereich schon auf vier Tore bringt.

Ansonsten ist in Schlieben aber Robert Dehne für das Toreschießen zuständig – und das, obwohl er gar nicht im Angriff aufgeboten wird. Laut FuPa-Statistik hat er in den letzten 149 Partien 132 Mal getroffen. Auch in dieser Runde führt er das Landesklassen-Ranking schon wieder mit zwölf Einschlägen an. In den letzten sechs Spielen hat er immer getroffen und dabei acht Tore erzielt. Auch dem Spitzenspiel am Samstag sieht er optimistisch entgegen. „Ich kann mich nicht daran erinnern, wann wir das letzte Mal ein Heimspiel verloren haben“, sagt Dehne. Die RUNDSCHAU aber hat nachgeschaut – und keine guten Nachrichten. Die letzte Heimniederlage liegt genau ein Jahr zurück und wurde dem TSV vom SC Spremberg zugefügt.

Von Steven Wiesner, LR – 15.12.2017