Hallo Sabrina und Eric! Schön, dass ihr euch die Zeit nehmt und für ein kurzes Interview bereit seid. Starten wir direkt mit den ersten Fragen. Es gibt die unterschiedlichsten Schiedsrichter-Typen: Die Unnahbaren, die sich jede Diskussion verbieten, auf der anderen Seite aber auch solche, die eher auf Dialog setzen. Wo würdet ihr euch jeweils einordnen und was hat euch dazu bewegt Schiedsrichter zu werden? Warum würdet ihr Anderen empfehlen unserem Aufruf zu folgen und Schiedsrichter zu werden?
Eric: Ich denke ein gewisser Anteil von Beidem ist wichtig – die Mischung macht es. Sicherlich muss man im Spiel klar zu seinen Entscheidungen stehen, aber es ist nicht die Aufgabe des Schiedsrichters die getroffenen Entscheidungen zu erklären. Nichtsdestotrotz kann ein ruhiger Dialog dem Spiel auch gut tun und das Spiel beruhigen. Ich kann das „Schiedsrichter-Dasein“ für Menschen empfehlen, die sich gern persönlich und sportlich weiterentwickeln möchten. Dies war unter Anderem auch ein Grund für mich Schiedsrichter zu werden. Als Schiedsrichter lernt man nicht nur Durchsetzungsvermögen und die richtige Kommunikation, man erhält außerdem eine Vergütung für die Spielleitungen und Fahrtkosten. Zusätzlich hat man die Möglichkeit alle Spiele auf DFB-Ebene kostenfrei zu besuchen. Es gibt also viele Vorteile.
Sabrina: Ich selbst sehe mich etwas dazwischen, denn jedes Spiel läuft etwas anders und es gibt auch Spieler, die nicht mit sich reden lassen. Grundsätzlich bin ich eher der kommunikative Typ. Mein Wunsch Schiedsrichterin zu werden kam so etwa im Alter von 17 Jahren, vorher hielten mich noch ein paar Dinge, wie bspw. die anstehenden Prüfungen etwas ab. In meiner ersten Saison als Schiedsrichterin habe ich etliche Strapazen auf mich genommen, da ich selbst aktiv Fußball gespielt habe. Freitags ging es zum Training, samstags war ich als Schiedsrichterin unterwegs und Sonntag bin ich selbst auf Torjagd gegangen. In dieser Saison habe ich gemerkt, dass mir das Schiedsen mehr Spaß macht und mich eben dafür entschieden. Mittlerweile bin ich in meiner fünften Saison als Schiedsrichterin, helfe aber im Notfall immer noch gerne als Spielerin aus. Ein Leben ohne „Schiedsrichter-Dasein“ kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, es ist schon fast eine Art Berufung geworden. Deshalb kann ich es nur jedem weiterempfehlen der Spaß am Fußball hat. Neben der Grundvoraussetzung, dem Interesse am Fußball sollte man sich gerne läuferisch bewegen und kommunikativ sein.
Gerade Schiedsrichter brauchen starke Nerven und eine dicke Haut, denn kein anderer Akteur unserer geliebten Sportart steht häufiger im Mittelpunkt. Was muss ein guter Schiedsrichter aus eurer Sicht mitbringen?
Eric: Aus meiner Sicht hat ein Schiedsrichter alles richtig gemacht, wenn er nicht im Mittelpunkt steht. Sicherlich sind eine physische Leistungsfähigkeit und ein damit verbundenes sicheres Auftreten notwendig. Eine gewisse mentale Belastungsstärke sollte ebenfalls vorhanden sein. Wichtig ist auch, dass man als Schiedsrichter immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Außerdem sollte man gegenüber sich und auch gegenüber Offiziellen Fehler eingestehen können, und immer offen für Kritik sein.
Sabrina: Zu den wichtigsten Eigenschaften eines Schiedsrichters zählt meiner Meinung nach die Laufbereitschaft, um immer auf der Höhe des Spielgeschehens zu sein. Darüber hinaus eine gute Regelkenntnis, die Beherrschung der „Pfeifensprache“ sowie Durchsetzungsvermögen und man sollte sich auch mal einen Fehler eingestehen können.
Was war das bisherige Highlight eurer Karriere und was möchtet ihr als Schiedsrichter noch erreichen?
Eric: Ein konkretes Spiel kann ich hier gar nicht nennen. Grundsätzlich ist für mich jedes Spiel ein kleines Highlight, da man nie weiß was passieren wird. Schön ist es auch, wenn man nach dem Spiel auch von den Verlierern positives Feedback erhält, so weiß man, dass man vieles richtig gemacht hat. Selbstverständlich sollte es für jeden Schiedsrichter das Ziel sein, in der höchstmöglichen Klasse zu pfeifen. Mal sehen, wie hoch es bei mir noch gehen wird. Ich bin für alles offen.
Sabrina: Bisher habe ich schon einige schöne Spiele in meiner Laufbahn erlebt. Etwas Besonderes waren sicherlich die zwei Spiele in der Landesklasse, welche ich leiten durfte. Aber an ein Spiel zwischen dem SV Linde Schönewalde und dem SV Walddrehna denke ich immer gerne zurück. Es war ein ganz besonders Wochenende, am Samstag feierten wir gemeinsam mit der 1. Mannschaft unseres TSV den Aufstieg in die Landesliga und am Sonntag durfte ich das Spiel in Schönewalde leiten. Es war der vorletzte Spieltag und in der Kreisliga standen sich Linde als Tabellenführer und sein ärgster Verfolger gegenüber, ein echtes Topspiel. Bereits als ich die Ansetzung erhielt wusste ich, dass viele Zuschauer vor Ort sein werden. Außerdem wurde das Spiel von Fupa-TV live übertragen und ein Schiedsrichterbeobachter war ebenfalls vor Ort. Trotz der Anspannung war es ein schönes Spiel, es herrschte eine super Stimmung und mir wurde von beiden Seiten eine gute Leistung attestiert. Ein Erlebnis, was ich immer in Erinnerung behalten werde.
Könnt ihr euch ein Fußballspiel noch als Fan anschauen, oder kommt immer der Schiedsrichter in euch durch?
Eric: Ich schaue nach wie vor sehr gern und sehr oft Fußballspiele. Gerade auf der Champions League-Ebene kann man sich auch viel von den Profi-Schiedsrichtern abschauen und dazulernen. Nichtsdestotrotz genieße ich es auch als „reiner“ Fan Fußballspiele zu schauen. Nur vermisse ich leider aktuell auf Grund der Pandemie die Stadionbesuche und die Live-Atmosphäre eines Fußballspieles direkt vor Ort.
Sabrina: Das geht nur noch teilweise, meistens nur bei meinem Lieblingsverein, dem SV Werder Bremen. Ansonsten ist es schon so, dass man immer ein Auge beim Schiedsrichter oder seinem Assistenten hat.
Fußball in Corona-Zeiten heißt aktuell Fußball ohne Amateure. Wie geht ihr mit dieser Zeit um?
Eric: Das ist natürlich nicht nur für Spieler, Funktionäre und vor Allem Vereine eine schwere Zeit. Auch wir Schiedsrichter können ja aktuell nicht viel machen. Uns bleibt nur: Fit halten und regeltechnisch auf dem Laufenden bleiben. Ich denke, jeder freut sich, wenn es wieder sportlich aktiv auf dem Platz weitergehen wird. Bis dahin bleibt uns nur die Möglichkeit den „Großen“ zu zuschauen und zu lernen.
Sabrina: Momentan ist die Zeit sehr sportarm, aber mit etwas Training versuche ich mich fit zu halten. Positiv ist aktuell sicherlich, dass man mehr Zeit für die Familie hat. Wenn der Spielbetrieb läuft sind wir viel auf den Sportplätzen der Region unterwegs, denn die Leidenschaft zum Fußball und zum „Schiedsrichter-Dasein“, verbindet mich mit meinem Freund.
Torlinientechnik und Videobeweis, die Technik hat das Spiel in den vergangenen Jahren massiv verändert. Momente wie das Wembley-Tor oder Maradonas „Hand Gottes“ wird es nicht mehr geben. Wie steht ihr zu diesen Neuerungen?
Eric: Auf der einen Seite unterstützten die Technologien den Schiedsrichter ungemein. Es gibt deutlich weniger Fehlentscheidungen und das Spiel wird dadurch insgesamt fairer. In anderen Sportarten werden ja ebenfalls schon seit längerer Zeit solche Technologien als Unterstützung verwendet. Auf der anderen Seite macht vor Allem der Videobeweis das Spiel durch teilweise lange Unterbrechungen kaputt. Emotionen werden dadurch ebenfalls ausgebremst. Ich bin diesbezüglich also zwiegespalten. Alles hat seine Vor- und Nachteile. Auf Kreis bzw. Landesebene stehen diese Technologien nicht zur Verfügung, und das finde ich auch gut so.
Sabrina: Die Torlinientechnik erachte ich als sehr hilfreich und sinnvoll. Den Videobeweis sehe ich teilweise sehr kritisch, da es gerade in dieser Saison zu vielen kuriosen Entscheidungen kam. Insgesamt erachte ich den Videobeweis als sehr unglücklich.
Vielen Dank ihr Zwei! Wir freuen uns, dass ihr Teil unseres Vereins seid und unseren TSV damit sehr gut repräsentiert! Wir wünschen euch weiterhin viel Spaß beim „Schiedsrichter-Dasein“ und noch viel Erfolg auf eurem weiterem Weg!
Leidenschaft, die verbindet!